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13. Oktober 2011 | Mehr als die Summe der Teile … More than the sum of its parts

Posted in Animation, Durchhalten!, Employee of the Day, Filmproduktion, Produktionstagebuch with tags , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , on Oktober 13, 2011 by trickfilmgestalter

Während wir uns „Die Arena“ als Hörbuch reintun und gebannt lauschen, wie sich die Dinge in Stephen Kings fiktiver Welt entwickeln, ist nebenher etwas ganz anderes und Tolles passiert: Unsere eigene Welt hat zu atmen angefangen wie ein kleiner Mensch, der im Ultraschallbild erkennbar wird. Das heisst auch, dass er noch wachsen muss, bis er groß ist. Aber die ersten Atemzüge sind heftig, unverkennbar und vom klaren Wunsch zu existieren beseelt.

Also, noch mal weniger blumig: Nach der letzten Aktualisierung unseres Leicareels hatten wir zum ersten Mal übereinstimmend das Gefühl, dass das, was wir seit einiger Zeit fabrizieren, ein stimmiges Ganzes ergibt. „Es wird ein Film draus“, sagt man in so einem Moment gern, und man kann es nicht besser ausdrücken. Immer größere Abschnitte der Leica, die bis dahin nur aus statischen Storyboard- und Layout-Eindrücken bestanden, füllen sich mit fertiger Animation, teilweise sogar schon koloriert und mit ersten Effekten versehen; Farben, Schatten und Licht beginnen plötzlich eine visuelle Klammer zu bilden und die Beispielmusik eine akustische. Mit seltener Klarheit beginnt man auch zu erkennen, was funktioniert und was nicht, was kürzer ausfallen oder eventuell noch mal neu gemacht werden sollte: ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Film zu etwas heranwächst, was mehr bildet als nur die Summe seiner Teile und, wenn man so möchte, seine eigene innere Logik durchzusetzen beginnt.

Dahinzukommen hat ein liebes langes Weilchen gedauert. Trotzdem entsinnen wir uns, dass das bei früheren Filmen ähnlich war. Dass man erst Material sammelte, zusammentrug, konstruierte – immer mit der vagen Hoffnung im Hinterkopf, dass das Konstrukt auch Sinn macht. Denn so kleinteilig, wie Animation als Prozess ist, sieht man schon mal den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Und dann ist da dieser Moment des „Umkippens“: wenn quasi genügend kritische Masse vorhanden ist um eine Kettenreaktion auszulösen. Vielleicht ist es sogar das größte Glücksmoment innerhalb einer Produktion. Wir sind zuversichtlich und fragen uns, ist das schon das Bergfest?

Sich verdichtende Eindrücke ... impressions building up

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While being glued to the audiobook of „The Dome“ and listening to how things evolve in that ficticious world by Stephen King something great happened: our own world began to breathe like a little human appearing on a sonogram. This naturally implies that it still has to grow until it is going to fledge. Anyhow the first intakes of breath are strong, unmistakable and longing for existence.

So again, less flowery: after the last update of the leica reel we both felt for the first time that our work comes together as a whole. „It’s becoming a movie“ one is likely to say – simply there is no better expression. So far we only had static storyboard and layout images for the leica which by now turn into ever bigger sections filled with animation. Some parts are even colored and making use of effects. Colors and lighting begin to build a framework for the visual, muscial drafts one for the accustic. In a moment of clarity we recognize what works and what does not, where timing needs to be adjusted and what should be improved: a clear message that the film grows into something that is more than just the sum of its parts and, if you will, has started to enforce its own internal logic.

It took quite a little while to get us there.  At the same time we recall that the process went similar when working on former projects. With the vague hope for a construct that makes sense in mind we carried together many individual components. For a process as intricate as animation one does not always see the wood for the trees. But finally with the critical mass assembled things start to shift and trigger a chain reaction. Perhaps it even marks the happiest moment within a production. Confidently we ask ourselves: are we over the hump already?

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07. Juni 2011 | Exkurs: Zeichentrick mit und ohne Papier … Excursus: hand drawn animation with and without paper

Posted in Animation, Brainpower, Durchhalten!, Employee of the Day, Produktionstagebuch, Technik with tags , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , on Juni 7, 2011 by trickfilmgestalter

Seit unseren ersten, inzwischen 15 Jahre zurückdatierenden Animationsversuchen waren wir es gewohnt auf Papier zu zeichnen; in der Regel mehrere Blätter übereinander und von hinten erhellt. Jede Bewegung, die wir anlegten, entstand zu aller Anfang durch rasches Vor- und Zurückblättern der auf dem Leuchttisch justierten Zeichnungen („Flippen“); jede Korrektur wurde radiert, missratene Phasen zerknüllt und im Papiermüll entsorgt. Alles auf Anfang! – Teile von Zeichnungen, die für einen längeren Bewegungsablauf unverändert bleiben sollten, wurden auf ein separates Blatt übertragen und wieder und wieder durchgepaust. Bisweilen war das Millimeterarbeit am Fließband, und auch heute kann das durchaus noch so sein.

Der Gebrauch von Photoshop und TVPaint – wie unsere regelmäßigen Leser mitverfolgen können – hat einiges verändert. Zerknülltes Papier gibt es nicht mehr; stattdessen allenfalls holzschnittartige Artefakte, wo mit dem Plastikstift herumradiert wurde. Welche Entstehungsgeschichte eine einzelne Zeichnung möglicherweise gehabt hat, ist dadurch nicht mehr nachvollziehbar. Umgekehrt sucht man bei sporadischen Ausflügen mit dem „analogen“ Bleistift schon mal vergeblich nach Undo.

Artefakte ... artefacts

Artefakte ... artifacts

Bleibt ein Teil der Zeichnung unverändert, so kopieren oder stempeln wir ihn in Sekunden, schieben und drehen ihn auf der Arbeitsfläche solange hin und her, bis er dort sitzt, wo wir ihn haben wollen. Die Duplikate, die Copy & Paste für uns fertigt, sind absolut exakt. Man muss sich dies vergegenwärtigen, weil in einer Zeit, da das für die meisten selbstverständlich und banal ist, gerne ausgeblendet wird, dass dies bis in die 90er Jahre hinein im Zeichentrick noch nicht etabliert war. Die digitalen Erleichterungen, von denen wir profitieren, sind noch nicht sonderlich alt, und wir können behaupten, die letzten Ausläufer des prädigitalen Zeichentricks noch persönlich ausgekostet zu haben – inklusive der Übertragung der Zeichnungen auf transparente Folie („Ink“) und der sich anschließenden Kolorierung („Paint“), bei der die Farbe genau im richtigen Verhältnis angerührt sein musste, um auf den Folien keine Blasen zu werfen.

Auch das Aufnehmen der Phasen unter einer Videokamera zum Testen der Animation („Linetest“) entfällt, weil in dem Moment, da wir die Phasen in den Rechner hineingezeichnet haben, sie bereits „aufgenommen“ sind, auf der Zeitleiste vorliegen und als Film abgespielt werden können. Der Animationsprozess an sich bleibt aber beim Alten: zunächst die Hauptphasen („Keys“) – die Eckpunkte der Bewegung -, dann nach und nach die Zwischenphasen („Breakdowns“ und „Inbetweens“). Die Dauer jedes Einzelbildes („Timing“) ist mit einem Mausklick beliebig veränderbar, die Anzahl übereinander positionierbarer Bildebenen theoretisch unendlich – einzig begrenzt durch den zur Verfügung stehenden Arbeitsspeicher, der zum Maß aller Dinge wird. Wir sind mit einem Amiga-Linetest-Programm groß geworden – Take Two, wir grüßen Dich! – Zu Zeiten des seligen Walt Disney gab es aber noch nicht einmal das. Der Animator musste sein Timing vollständig im Kopf abschätzen können – und seinen Linetest dann auf Film (!) aufnehmen lassen, ehe er etwaige Korrekturen vornehmen konnte.

TVPaint Interface

TVPaint Interface

Schließlich können wir die Hintergründe, auf denen sich die Handlung zuträgt, wie jede sonstige Bildquelle auch sofort mit unserer Animation kombinieren bzw. sie dahinter legen. Passgenauigkeit ist jederzeit gewährleistet – solange man sich nicht mit den Konfusionen verschiedener Pixel-Seitenverhältnisse herumquält. Im übrigen schadet es nicht, wenn man weiss, welche Programmfunktion in welchem Fenster oder unter welchem Menü zu finden ist … oder ist das vielleicht nur eine Verlagerung von Komplexität? – Wir bemerken hier, dass wir an einer Schnittstelle von analog zu digital gelernt haben. Die Freiheit intuitiven Herantastens trifft auf eine kontrollierbare, funktionale Arbeitsumgebung.

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When we took our first steps in animation 15 years ago we were used to draw on paper – usually several sheets on top of each other, backlit. Each action planned came to life for the very first time by flipping through the paper which had been carefully fixed on the light table. For any mistake there was an eraser or paper bin. Back to start! – Portions of a drawing which stayed unchanged over the course of an action were copied to a separate sheet of paper and traced over and over again. From time to time this felt like a precision job on an assembly line – and it can still turn out like that nowadays.

Using Photoshop and TVPaint changed quite some things – as our frequent followers have learnt to know. There is no more scrunched-up paper; instead you will explore woodcut-like traces brought to you by your digital new toy. The history of a single drawing is not apparent any more. Having said that, you might miss the undo button when going analog with a traditional pencil again.

Whenever a portion of a drawing is going to stay unchanged we copy or make a stamp of it within a second, move or rotate it on our workspace until we like what we see. Every duplicate is one hundred percent exact.  In a time when most people take it for granted one mustn’t forget that these techniques were not commonplace in hand drawn animation right into the 90ies. Digital benefits aren’t old enough to preclude us from gaining first-hand experience with the predigital. This includes inking the clean-up drawing on a transparent cel, followed by mixing the colors at the right ratio to avoid bubbles on the cels when painting them.

Capturing drawings with a video camera for testing has become unnecessary as well, for all drawings are digital already when being created and can be played forward and backward. With the keyframes done first and followed by breakdowns and inbetweens the process of animation however basically stays the same. The duration of every single frame can be set easily with a mouse-click, the number of image layers seems unlimited – given that your hardware’s working memory turns into the measure of all things. We happened to grow up using an Amiga linetest program – Nimm Zwei, how are you?! – During Walt Disney’s lifetime nothing of that even existed. An animator had to estimate the timing of his action at the very beginning and record his linetest onto film stock (!) before he could make any improvements.

Finally we are able to import background layers – or any other image source for that matter – and combine them with the animation immediately. Precision is guaranteed – if you don’t get confused by pixel aspect ratios. Nevertheless it is helpful to know where to find your tasks in the interface … or is this just a shift of complexity? We have come to realize that we have learnt our craft during the transition from analog to digital. Trial & error versus control & functionality.